Geschichte

Das Attentat von Sarajevo



In Mostar (Bosnien-Herzegowina) erzählte mir ein junger Bosnier aus Sarajevo folgenden zy­nischen Witz.
Ein armer Junge saß an einem Seeufer und träumte vor sich hin. Da sprang ein ver­zau­ber­ter gol­de­ner Fisch über die Wasser­ober­fläche und sprach ihn an: „Du hast einen Wunsch offen, den ich dir erfüllen kann“. Der junge Mann überlegte einen Augenblick und ant­wor­tete: „Ich möchte ein Prinz in einem mächtigen Reich wer­den!“ – Sofort fiel er in einen tiefen Schlaf. Während er von Macht und Reichtum träumte, wurde er von seiner Mutter abrupt ge­weckt. „Franz Ferdinand“, rief sie, „Wach auf und mach dich fertig. Du musst ja heute noch nach Sarajevo!“
Am 28. Juni 1914 wurden der ös­ter­rei­chisch-ungarische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau bei einem Besuch in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo von einem serbischen Nationalisten er­schos­sen. Mit diesem Attentat wollten die serbischen Pan­slawisten ihre For­derung nach einer Lösung von Österreich-Ungarn unterstreichen.
Das Thronfolgerehepaar mit seinen Kindern
Erzherzog Franz Ferdinand von Ös­ter­reich-Este (1863 – 1914), Neffe von Kaiser Franz Josef I., war seit 1896 Thronfolger von Österreich-Ungarn. Weil er 1900 die Gräfin Sophie Chotek geheiratet hatte, die trotz ihrer Herkunft aus dem böhmischen Uradel als den Habs­bur­gern nicht eben­bür­tig galt, musste Franz Ferdinand auf die Thronfolge seiner Kinder ver­zich­ten.
Obwohl er 1898 zum Stellvertreter des Kaisers im Obersten Armee­kom­man­do wurde und 1913 Generalinspekteur der gesamten be­waff­ne­ten Macht, war sein po­li­ti­scher Ein­fluss ge­ring. Er setz­te sich für den Aus­bau und die Mo­der­ni­sie­rung der Land- und See­streit­kräf­te in Ös­ter­reich ein, suchte den Aus­gleich mit den Slawen und war ein erklärter Gegner der Ungarn, deren Son­der­stellung unter den Ländern der Monarchie er abschaffen wollte. Bei Kriegs­gefahr schlug er sich immer auf die Seite jener, die für den Frie­dens­er­halt waren und für die Lösung der Konflikte mit unblutigen Mitteln. Im Privatleben war er ein liebevoller Vater und hegte eine fast krank­haf­te Jagdleidenschaft. An die 300.000 Stück Wild soll er erlegt haben.
Sophie Gräfin Chotek von Chot­ko­wa und Wog­nin (1868 - 1914), seit 1909 Her­zo­gin von Ho­hen­berg, war ei­ne böh­mi­sche Ade­li­ge. Von ihr stammt das Ge­schlecht der Her­zö­ge und Fürs­ten von Ho­hen­berg ab. Um 1896 lern­te sie Erz­her­zog Franz Fer­di­nand von Ös­ter­reich auf ei­nem Ball in Prag ken­nen, und sie ver­lieb­ten sich in­ei­nander, ei­ne Be­zie­hung, die bis 1899 geheim gehalten wurde. Erst nach ei­ner Audienz von Franz Ferdinands Stief­mut­ter Maria Theresa beim Kaiser erhielt das Paar am 8. April 1900 die Er­laub­nis zur mor­ga­na­ti­schen Ehe, einer im euro­pä­i­schen Adel nicht selten vorkommende Ehe, bei der einer der beiden Ehepartner von niedrigerem Stand war als der andere. Am 1. Juli 1900 heirateten Sophie und Franz Ferdinand, mussten aber auf die Thronfolge für Sophie und ihre ge­mein­sa­men Kinder ver­zich­ten. Wegen dieser Ehe musste Franz Fer­di­nand vonseiten des Hofes zahlreiche Schi­ka­nen er­tra­gen. So durfte Sophie ihn nicht in die kaiserlich Loge der Oper be­glei­ten, nicht mit der kaiserlichen Kutsche fah­ren und nicht neben ihrem Gatten bei Galadiners sitzen.

Am 28.Juni 1914 stattete Erzherzog Franz Ferdinand, nachdem er als Ge­ne­ralinspekteur der österreichisch-ungarischen Armee an Manövern in Bos­nien teilgenommen hatte, zusammen mit seiner Frau der Hauptstadt Sara­je­vo einen offiziellen Besuch ab. Der Tag war äußerst un­glück­lich gewählt, denn er war für die Serben ein nationaler Trauertag und hatte deshalb starken Sym­bolcharakter. Am 28. Juni 1389 hatten die Osmanen in der schicksal­haf­ten Schlacht auf dem Amselfeld die Serben geschlagen und Serbien zum Vasallenstaat gemacht.

Trotz verschiedener Vorwarnungen ließ sich Erz­herzog Franz Ferdinand nicht von dem Besuch in Sarajevo abhalten. „Unter einen Glassturz“, hatte er ein­mal gesagt, „lasse ich mich nicht stellen. In Lebensgefahr sind wir immer. Man muss nur auf Gott vertrauen.“ Da man nicht mit einer kon­kre­ten Gefahr rech­nete, fielen die Si­cher­heits­vor­keh­run­gen entsprechend schwach aus. Auch wurden der Zeit­plan und die Fahrtroute Wochen vor dem Besuch in den Zei­tungen öffentlich bekannt gegeben.

Dass der Thronfolger einen Besuch in Sa­ra­jevo beabsichtigte, war also kein Ge­heim­nis. Von ser­bischer Seite wurde dieser Be­such als Pro­vo­ka­tion und als ein Beweis der Kriegslüsternheit Franz Ferdinands bzw. Österreichs ange­se­hen. Belgrad war da­mals Ziel vieler nationalistischer junger Serben aus Bosnien-Her­ze­go­wi­na, die davon träumten, alle Süd­slawen unter dem Dach Serbiens zu ver­einen und sich vom ser­bi­schen Geheim­dienst und vom Geheimbund Ujedinjenje ili Smrt (Vereinigung oder Tod) (auch "Schwarze Hand" genannt) als billige Werk­zeu­ge anwerben ließen. Das Siegel der "Schwarzen Hand" bestand aus einem Kreis, in dem sich ein Totenkopf, gekreuzte Knochen, ein Messer, eine Phiole Gift und eine Bombe befanden. Nicht gerade friedfertige Symbole.
Erzherzog Franz Ferdinand wurde nicht als Ziel eines Attentates auserkoren, weil er feindselig gegen die slawischen Minderheiten war, sondern ganz im Gegenteil weil seine reformerischen Ideen von einer Strukturreform der Mo­narchie zugunsten der Slawen eine potentielle Ka­ta­stro­phe für das Verei­ni­gungs­pro­jekt gewesen wäre. Falls sich die Habsburger Monarchie, in anderen Worten, nach föderativen Prinzipien organisiert hätte, z.B. mit Zagreb als Hauptstadt mit dem gleichen Status wie Budapest, hätte dies die Rolle Ser­biens als Vereiniger aller Südslawen un­ter­mi­niert. Das Attentat von Sa­rajevo war von langer Hand geplant. Als Drahtzieher gilt der mächtige Chef des serbischen Ge­heim­diens­tes, Dragutin Dimitrijević, genannt Apis. Über seine Geheimgesellschaft "Schwarze Hand", die den Geheimdienst unter­wan­dert hatte, leistete er den bosnischen Attentätern entscheidende logistische Hilfe.
Einer der Ent­schlos­sens­ten unter den Ver­schwö­rern war Gavrilo Prin­cip (1894 – 1918), eine Bel­grader Straße trägt auch heute noch seinen Namen. Princip war ein bosnischer Serbe, der am 28. Juni 1914 in Sarajevo das töd­liche At­ten­tat auf den ös­ter­rei­chisch-ungarischen Thron­fol­ger Erz­herzog Franz Fer­di­nand und seine Frau Sophie ausführen sollte. Als Mit­glied der Bewe­gung "Mla­da Bosna" (Jun­ges Bos­nien) kämpf­te er ge­gen die ös­ter­rei­chisch-un­ga­ri­sche Be­sat­zungs­macht. Vom Ge­heimd­ienst mit Pis­to­len, Mu­ni­tion und Bom­ben aus­ge­rüs­tet reis­te Prin­cip zu­sam­men mit wei­te­ren sechs Ver­schwö­rern heim­lich nach Sara­je­vo. Die sie­ben Män­ner wa­ren für den Um­gang mit Waffen nicht ausgebildet, und es sollte nur einer fatalen Folge von Ereig­nis­sen zu verdanken sein, dass das Attentat doch noch gelang. In letzter Minute kam von Belgrad der Befehl, das Attentat nicht durchzuführen. Offensichtlich hatte es sich die Führung der Schwarzen Hand inzwi­schen anders überlegt, weil sie ernsthafte Konsequenzen im Falle eines Erfolgs befürchtete. Doch Princip wollte davon nichts wissen und über­redete die anderen dazu, den Plan trotzdem aus­zu­führen.
Einer der Beweggründe der Verschwörer war die vermeintliche wirtschaftliche Degradierung der bosnischen Serben durch die österreichischen Behörden. In Wirklichkeit war Bosnien wesentlich stärker industralisiert und seine Ein­woh­ner konn­ten einen höheren Wohlstand aufweisen als die meisten Serben im serbischen Kernland.

Am 28. Juni kam der Erzherzog am Bahnhof von Sarajevo an, wo er mit sei­ner Frau in ein Fahr­zeug mit offenem Verdeck einstieg. Sie fuhren in einer Ko­lonne aus sechs Autos in Richtung Rat­haus, wo sie sich mit dem Bürgermeis­ter tref­fen wollten. Mit weniger als 40 Polizisten waren die Ordnungskräfte zu schwach besetzt und daher auf der ziemlich langen Strecke nicht in der Lage, für die Sicherheit der Fahrgäste zu sorgen. Militäreinheiten zur Unterstützung waren auch nicht rechtzeitig ein­getroffen.
Sarajevo - Unweit dieser Brücke geschah das Attentat
Die sieben Verschwörer hatten sich an ver­schie­de­nen Stellen entlang der Rou­te postiert. Mehmed Mehmedbašić, der erste, an dem die Autokolonne vor­bei­fuhr, war nicht genügend nahe dran, konnte also nichts ausrichten. Der Zwei­te, Nedeljko Čabrinović, schleuderte eine Bombe gegen das Fahrzeug des Thronfolgers. Die Bombe prallte aber von Franz Ferdinands Arm ab, flog nach hinten und explodierte vor dem drit­ten Au­to­mo­bil und verletzte dabei zwei ös­ter­rei­chi­sche Offiziere und ein halbes Dutzend Schaulustiger.
Čabrinović versuchte Selbstmord auszuüben, in­dem er in den Miljacka-Fluss sprang und das ihm von der Schwarzen Hand mitgegebene Zyan­ka­li schluck­te. Das Gift war jedoch aus nicht be­kann­ten Gründen wirkungslos und der Fluss an dieser Stelle nicht tief genug zum Ertrinken. So über­leb­te er und wurde von der Menge gefasst und fast ge­lyncht, und schließlich verhaftet.
Ein Unbeteiligter wird als vermuteter Attentäter festgenommen
Nach seinem Besuch beim Bürgermeister glaubte der Erzherzog, dass das Attentat ge­scheitert sei, und dass kein weiteres folgen würde. Mit den Worten „Mir scheint, wir werden heute noch einige Kugerln bekommen“ soll Franz Ferdi­nand das zunächst miss­glücktes Bom­ben­at­ten­tat auf sein Auto quit­tiert haben. Er bestand darauf, seine verletzten Landsmänner im Kran­ken­haus zu besuchen. Und das, zusammen mit dem Zufall, wurde ihm zum Ver­häng­nis. Er wollte seine Frau sofort nach Ilidža bringen lassen, Sophie wei­ger­te sich jedoch.
In einem heillosen Durcheinander wurde eine neue Route fest­gelegt. Weil die Chauffeure nicht wirklich wussten, wo es hinging, verfuhr man sich in den Straßen der Stadt und die Wagen­ko­lon­ne bog auf Höhe der Latei­ner­brü­cke, die über den Fluss Miljacka führte, irr­tüm­li­cherweise in die ur­sprüng­lich ge­plante Route ein. Man musste zu­rück­fahren. Dabei stand das Fahrzeug ei­ni­ge Sekunden still. An der Stelle befand sich aber Gavrilo Princip, der seine Chance sah und aus wenigen Me­tern Ent­fernung zwei Mal auf das Ziel schoss.
Eine Kugel traf Sophie in den Unterleib und verletzte sie so schwer, dass sie noch im Auto binnen Kurzem verblutete. Als Franz Ferdinand merkte, dass sie getroffen worden war, schrie er: „Sopherl! Sopherl! Stirb nicht! Bleib' am Leben für unsere Kinder!“ Gleich darauf schoss Princip zum zweiten Mal und traf Franz Ferdinand in den Hals. Der vor dem Thronfolger sitzende Graf Harrach drehte sich um, packte Franz Ferdinand an der Schulter und rief: „Majestät, was ist Euch?“. Franz Ferdinand konnte gerade noch antworten: „Es ist nichts...“ und verstarb einen Augenblick später.
Das Auto des Attentats in Sarajevo (im Heeresgeschichtlichem Museum in Wien)
Die ganze Verschwörergruppe wurde innerhalb weniger Tage verhaftet. Es zeig­te sich bald, dass es Spuren gab, die nach Belgrad und zur „Schwar­zen Hand“ führten. Für alle Attentäter war Belgrad der Schmelztiegel gewesen, der sie für die Sache der Vereinigung aller Serben eingespannt hatte.
Gavrilo Princip sagte, dass er seine Tat nicht bereue und dass er als Serbe und Revolutionär den Untergang von Österreich-Ungarn gewünscht habe. Er erklärte, dass sein Anschlag nur Franz Ferdinand gegolten habe und dass er nicht ge­wollt habe, dass auch Sophie starb. Er wurde vom Gericht des Hochverrates und Meu­chel­mor­des für schuldig erklärt und zu zwanzig Jahren schwerem Kerker verurteilt. Nur aufgrund seines jungen Alters entkam er der Todesstrafe. Er starb 1918 im Gefängnislazarett an Kno­chen­tu­berkulose.

Obwohl Franz Ferdinand nicht nur ein Kriegs­geg­ner war, sondern auch für sei­ne Zeit als Kaiser Reformen und mehr Rechte für Min­der­hei­ten plante und seine Bosnienreise keineswegs als Herausforderung Belgrads ge­dacht war, schien für die Kriegspartei in Wien der Doppelmord von Sarajevo der will­kom­mene Anlass zu sein, einen Vergeltungsschlag gegen Ser­bien zu führen. Und dass, ob­wohl Serbien bereit war, ein de­mü­ti­gen­des Ultimatum zu akzep­tie­ren.
Das Deutsche Reich bekräftigte seine „Bünd­nis­treue“ gegenüber Öster­reich-Un­garn. So sollte ein schnel­ler und ener­gi­scher Militärschlag gegen Ser­bien voll­endete Tatsachen schaffen, bevor Russland angreifen konnte. Man hatte sich aber verrechnet: Es kam zum Flächenbrand des Ersten Weltkriegs.

Das Attentat von Sarajevo sollte noch auf Jahre hinaus die Fantasie der Li­te­ra­ten anregen. In sei­nem berühmten Roman „Der brave Soldat Schwejk“ des tschechischen Autors Jaroslav Hašek ist zu lesen:
„In Sarajevo ham sie ihn mit einem Revolver niedergeschossen, gnä’ Herr. Er ist dort mit seiner Erzherzogin im Automobil gefahren.“
„Da schau her, im Automobil, Frau Müller, ja, so ein Herr kann sich das erlauben und denkt gar nicht dran, wie so eine Fahrt im Au­to­mo­bil unglücklich ausgehn kann. Und noch dazu in Sarajevo, das is in Bosnien, Frau Müller. Das ham sicher die Türken gemacht. Wir hätten ihnen halt dieses Bosnien und Herzegowina nicht nehmen solln. No also, Frau Müller. Der Herr Erzherzog ruht also schon in Gottes Schoß. Hat er sich lang geplagt?“
„Der Herr Erzherzog war gleich weg, gnä’ Herr, Sie wissen ja, so ein Revolver is kein Spaß. Unlängst hat auch ein Herr bei uns in Nusle mit einem Revolver gespielt und die ganze Familie erschossen, mit­samt dem Hausmeister, der nachschaun gekommen ist, wer dort im dritten Stock schießt.“
Terrorist, Freiheitskämpfer? "Des Einen Terrorist ist für den Anderen ein Frei­heits­kämp­fer", besagt ein Sprichwort. Auch in den Balkan-Staaten ge­hen die Mei­nun­gen über Princip auseinander. Für welche Bezeichnung man sich auch immer entscheidet, Fakt ist, dass Gavrilo Princip mit seinem Attentat jene Ket­ten­reaktion mitausgelöst hatte, die zur Kriegs­er­klä­rung der Doppel­mo­narchie an Serbien und zum Ersten Welt­krieg führte.
Nach wie vor bestreitet man in Serbien, dass Serbien mit der Unterstützung des Attentäters maßgeblich zum Kriegsausbruch beigetragen habe. Der frü­here serbische Regierungschef Ivica Dačić äußerte sich dazu folgen­der­ma­ßen: "Wenn der Erste Weltkrieg wegen der Verrücktheit der Serben ausgelöst wor­den wäre, hätten wir keine Verbündeten gehabt" Auslösung und Ursache sind jedoch nicht identisch und man wird niemals erfahren, was ge­schehen wäre, wenn Erzherzog Franz Ferdinand am Leben geblieben wäre.
Die Serben befürchten, dass sie, nachdem man ihnen die Hauptschuld für die blutigen Bal­kan­krie­ge (1991-1999) zugewiesen hat, jetzt auch noch die Schuld für den Ersten Weltkrieg auf­ge­bür­det bekommen.
Die Position vieler Bosniaken ist hingegen, dass die Bewegung der revo­lu­tio­nären Vereinigung "Junges Bosnien" und deren großserbische Ideologie der Vorläufer für die Balkankriege am Ende des 20. Jahrhunderts seien, die von Serbien mit demselben Ziel geführt wurden.

Das 1917 zu Ehren Franz Ferdinands und seiner Frau errichtete Sühne­denk­mal wurde nach dem 1. Weltkrieg abgerissen. Sa­ra­jevo wurde zu ei­nem Teil des neu­en Kö­nig­reichs Ju­go­sla­wien. Für die Habs­bur­ger war Prin­cip ein Ter­ro­rist, das kom­mu­nis­ti­sche Ju­go­sla­wien deu­te­te ihn zum Frei­heits­kämp­fer um und er­rich­te­te 1952 ein Denk­mal in Sa­ra­je­vo für ihn. Da­vor wur­den sei­ne Fuß­ab­drü­cke auf einer Platte in den Boden ein­gelassen. 1992 während der Belagerung Sarajevos wurde das Denkmal für Princip von bosnischen Soldaten ent­fernt, wie auch die Fußabdrücke. Heute findet man nur noch eine Gedenktafel, auf der auf Bosnisch und Englisch zu lesen ist: "From this place on 28 June 1914 Gavrilo Princip assassinated the heir to the austrian-hungarian throne Franz-Ferdinand and his wife Sofia." Die Brücke, die nach Princip benannt worden war, hat auch ihren alten Namen wiederbekommen.
Die Stadtverwaltung von Sarajevo denkt darüber nach, das Denkmal für den ermordeten öster­rei­chisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand und des­sen Ehefrau Sophie wieder zu errichten. Allerdings wird auch er­wogen, die Fußabdrücke des Attentäters Gavrilo Princip an der früheren Stelle wieder anzubringen.
In Serbien gibt es keinen Streit darüber, wer Princip war, niemand nimmt ihn als Terroristen wahr, man sieht ihn als einen Helden. Die Absicht der ser­bi­schen Regierung, in dem Kalemegdan-Park in Bel­grad ein Denkmal für Gav­ri­lo Princip zu errichten, zeigt, dass Serbien noch immer keinen aufgeklärten Umgang mit seiner Geschichte hat. Denn wenn Princip auch ein idealistischer Täter gewesen sein mag, es war der ser­bi­sche Militär­ge­heim­dienst, der den naiven Princip und seine Kom­plizen ange­wor­ben hatte und für seine Zwecke benutzt hatte. Dem Militärdienst und der "Schwarzen Hand" ging es kei­nes­wegs um die "Befreiung" Bosniens – in diesem von Wien 1908 an­nek­tier­ten Land waren Serben nur eine Minderheit –, sondern um die ex­pan­sio­ni­stische Absicht Ser­biens, alle Gebiete, in denen Serben lebten, ins Königreich Serbien zu holen.
In Bosnien und Herzegowina hingegen po­la­ri­sie­ren die un­ter­schied­li­chen Auf­fassungen über die Rolle Gavrilo Princips, aber auch die über die öster­rei­chisch-ungarische Herrschaft im Land weiterhin – fast genauso wie im Jahre 1914.

Franz Ferdinands Sohn Maximilian, Herzog von Hohenberg (1902 – 1962) äußerte sich später folgendermaßen: „Eigentlich haben meine El­tern ein sehr glückliches Leben gehabt, zu­min­dest 14 Jahre lang. Sie haben das Glück gehabt, zusammen sterben zu können“.

 
 
1914 - Die letzten Tage vor dem Weltbrand (1. Weltkrieg) - Filmjuwelen
1914 - Die letzten Tage vor dem Weltbrand
Franz Ferdinand