Literatur/ Medien

Friedrich Torberg



Friedrich Torberg, am 16. September 1908 als Friedrich Ephraim Kan­tor-Berg in Wien ge­bo­ren, am 10. November 1979 in Wien ge­stor­ben, war ein Schriftsteller, Journalist, Publizist, Dreh­buchautor und Herausgeber. Torberg stamm­te aus einer deutsch-jüdischen Prager Familie und empfand sich stets als tschechischer Österreicher und Jude.
Auf seinen Künst­ler­na­men "Torberg" kam er, indem er Teile der Namen seiner Eltern zusam­men­setz­te: Sein Vater, ein Beamter einer Prager Spi­ri­tuosen­fir­ma, hieß Alfred Kantor, seine Mutter war eine gebürtige Berg.
Torberg verbrachte seine Kindheit und einen Teil seiner Schulzeit in Wien. 1921 übersiedelte er mit seiner Familie wieder nach Prag. Er bezeichnete sich oft als "Weltbürger ohne Heimat", zwischen Wien und Prag pendelnd. Bereits während dieser Zeit veröffentlichte er Gedichte. In Prag erhielt er 1924 die tschechoslowakische Staats­bür­ger­schaft; 1928 begann er, am "Prager Tag­blatt" journalistisch zu arbeiten.
Die Kaffeehauskultur prägte in hohem Maße Torbergs schrift­stel­lerische Viel­seitigkeit als Romancier, Kritiker, Parodist und Lyriker entscheidend mit. Bereits mit 22 Jahren erlebte er seinen literarischen Durchbruch mit dem Roman "Der Schüler Gerber hat absolviert". Bis 1938 lebte er als Publizist, The­a­ter­kri­tiker und Vortragender abwechselnd in Prag und Wien.
1933 wurde er in Deutschland von den Nazis mit Publikationsverbot belegt.

1938 flüchtete er über die Schweiz nach Frank­reich. Im Oktober 1939 meldete er sich zur tschechoslowakischen Auslandsarmee, wo er Kanzleiarbeit leistete. Im Juni 1940 flüchtete Torberg von Paris über Bordeaux, Spanien und Por­tu­gal in die USA, wobei er auf der Flucht alle seine Manuskripte verlor. Von 1940 bis 1944 arbeitete er in Los Angeles als Drehbuchautor und Journalist. Von 1944 bis 1951 lebte er in New York, wo er 1945 US-amerikanischer Staats­bürger wurde.
Torberg publizierte in dieser Zeit Exilzeitschriften und war Berater des Ber­mann-Fischer-Verlags. 1942 schrieb er das berühmte Gedicht "Sehn­sucht nach Alt-Aussee", das später das Ausseer Fremdenverkehrsverein am allermeisten von seinen Werken schätzen würde:
"Wieder ist es Sommer worden,
dritter, vierter Sommer schon.
Ist es Süden, ist es Norden,
wo ich von der Heimat wohn?
Kam ich auf der wirren Reise
nicht dem Ursprung wieder nah?
Dreht die Welt sich noch im Kreise?
Ist es Sommer dort wie da?
Gelten noch die alten Strecken?
Streben Gipfel noch zur Höh?
Ruht im bergumhegten Becken
noch der Altausseer See?
. . .
1945 heiratete Friedrich Torberg Marietta Bellak (1920–2000), von der er zwar 1962 geschieden wurde, mit der er aber danach wieder zu­sam­men­lebte.

Im April 1951 kehrte Friedrich Torberg nach Wien zurück, arbeitete 1951 bis 1953 für den Ra­dio­sender "Rot-Weiß-Rot" in Salzburg und für die von der US-amerikanischen Be­sat­zungs­macht ge­grün­de­te Zei­tung "Kurier" (Wien) sowie als Kul­tur­kor­res­pon­dent für die "Süd­deutsche Zeitung" (München). 1954 wurde die Mo­nats­zeit­schrift Forum, von ihm als "kulturpolitische Kampf­schrift" bezeichnet, gegründet, deren an­ti­kom­mu­nis­tische Linie er viele Jahre hindurch bis 1964 als He­raus­ge­ber be­stim­mte. 1966 gab er die Leitung des Forums an Günther Nenning ab.

Aus „Die Tante Jolesch“

Legendär wurden seine pointierten Polemiken und persönlichen Feldzüge ge­gen Menschen, die er kommunistischer Sympathien bezichtigte. Be­kannt ist Torbergs Engagement für die McCarthy-Politik in den USA und sein Kampf – zu­sam­men mit Hans Weigel – gegen die Aufführung von Stücken von Bertolt Brecht in Österreich, aber auch 1956-1957 für die Flücht­lin­ge des Ungarn­auf­standes 1956 mit seiner von der "Rockefeller Foundation" unterstützte "Fo­rum­kulturhilfe".
Torbergs Bekanntheit basiert hauptsächlich auf dem Roman „Der Schüler Ger­ber hat ab­solviert“ (1930), in dem er das Psychogramm eines Gymna­sias­ten bis zu dessen Selbstmord entwirft und auf den beiden Er­zähl­bän­den „Die Tante Jolesch oder der Untergang des Abend­landes in Anek­do­ten“ (1975) und „Die Erben der Tante Jolesch“ (1978), in denen er sich poin­ten­reich und sa­ti­risch an die ver­sun­ke­ne Welt des jü­di­schen Bür­ger­tums der Zwi­schen­kriegs­zeit erinnerte, was ihm auch außerhalb Österreichs große Erfolge brachte.
Mit "Auch das war Wien" (1985), einem in hohem Maße bedeutenden lite­ra­rischen Zeitdokument, erzählte Tor­berg die Geschichte einer großen Liebe vor dem Hintergrund des ös­ter­rei­chischen Untergangs im März 1938.

Marcel Reich-Ranicki bezeichnete Torberg einmal als Wiener Institution, ös­ter­reichisches Wunder und deutsches Ärgernis. Torberg hatte Gedichte, Romane, Essays, Theater- und Literaturkritiken, Reiseberichte und Sportreportagen geschrieben.
Als Friedrich Torberg im Jahr 1979 in Wien starb, hatte er den Nimbus eines Staats­dich­ters, und Bundeskanzler Kreisky sprach an seinem Grab.
Als Grabinschrift wünschte sich Friedrich Torberg den Text: „Essen war seine Lieb­lings­speise“.

„Man kann im Alter entweder weise werden oder verblöden. Die häufigste Form der Al­ters­blödheit besteht darin, dass man sich für weise hält.“
„Deutsch ist die gemeinsame Sprache, die Deutsche und Österreicher trennt.“
„Es könnte besser sein. Es könnte schlimmer sein. Und so, wenn mich nicht alles täuscht, ist das Leben.“
„Was ein Mann schöner is wie ein Aff, is ein Luxus.“
„Zu den beinahe untrüglichen Merkmalen eines Stammgastes gehörte die Behauptung, keiner zu sein (was mit gleicher Beharrlichkeit sonst nur Betrunkene von sich behaupten). “